Die Geschichte von Hojicha: Wie ein Teehändler aus Kyoto eine neue Teesorte erfand

Die Geschichte von Hojicha ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie aus praktischer Notwendigkeit heraus kulinarische Innovationen entstehen. Was heute als eine der beliebtesten japanischen Teesorten gilt, war ursprünglich eine kreative Lösung für ein alltägliches Problem eines Teehändlers in Kyoto.

Die Geburtsstunde von Hojicha

In den frühen 1920er Jahren stand ein Teehändler in Kyoto vor einem Problem, das viele Geschäftsleute kennen: Er hatte eine beträchtliche Menge an Tee, die sich nicht verkaufen ließ. Es handelte sich um ältere Teeblätter, Stängel und Teile der Teepflanze, die für die hochwertigen grünen Tees nicht verwendet wurden, die damals in Japan geschätzt wurden.

Tee war zu dieser Zeit noch ein kostbares Gut, und wegwerfen kam nicht infrage. Der findige Händler experimentierte mit verschiedenen Methoden, um diesen "minderwertigen" Tee aufzuwerten. Seine innovative Idee: Die Teeblätter zu rösten, um ihnen einen völlig neuen Charakter zu verleihen.

Der erste Röstversuch

Die erste Röstung fand vermutlich über Holzkohle in einer großen Pfanne statt. Was als Experiment begann, entwickelte sich schnell zu einer Sensation. Die gerösteten Blätter verströmten einen warmen, nussigen Duft, der sich deutlich von den bekannten grünen Tees unterschied. Die braune Farbe und das karamellige Aroma waren völlig neu in der japanischen Teekultur.

Der Geschmack war eine Offenbarung: Mild, süßlich und ohne die Bitterkeit, die viele Menschen an grünem Tee störte. Besonders bemerkenswert war, dass dieser neue Tee auch von Kindern und älteren Menschen gut vertragen wurde, Gruppen, die oft empfindlich auf traditionelle Grüntees reagierten.

Die Verbreitung von Hojicha

Die Nachricht von dieser neuen Teesorte verbreitete sich schnell in Kyoto und darüber hinaus. Andere Teehändler begannen ebenfalls zu experimentieren und entwickelten eigene Röstmethoden. Jede Region in Japan entwickelte bald ihre eigenen Variationen von Hojicha, abhängig von den verwendeten Teeblättern und Röstverfahren.

Besonders in Kyoto selbst etablierte sich eine starke Tradition der Hojicha-Herstellung. Die Stadt wurde zum Zentrum der Innovation, und viele der heute noch verwendeten Techniken stammen aus dieser Zeit. Die Rösterei-Kultur, die sich entwickelte, war geprägt von Handwerkskunst und ständiger Verbesserung der Techniken.

Hojicha wird zum Alltagstee

Was als Notlösung begann, entwickelte sich schnell zu einem beliebten Alltagstee. Hojicha passte perfekt in das japanische Alltagsleben: Er war bekömmlich, mild und konnte zu jeder Tageszeit getrunken werden. Im Gegensatz zu den hochwertigen Grüntees, die oft zeremoniell zubereitet wurden, war Hojicha unkompliziert und zugänglich.

Die niedrigen Kosten der Ausgangsmaterialien machten Hojicha zu einem erschwinglichen Tee für alle Gesellschaftsschichten. Dies trug wesentlich zu seiner Popularität bei und machte ihn zu einem demokratischen Getränk in einer Zeit, in der qualitativ hochwertiger Tee oft ein Luxus war.

Von der Notlösung zur Tradition

In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich Hojicha von einer improvisierten Lösung zu einer respektierten Teesorte mit eigenen Traditionen und Standards. Teemeister begannen, spezielle Techniken für die Röstung zu entwickeln, und die beste Qualität von Hojicha wurde ebenso geschätzt wie andere japanische Teesorten.

Die Kriegsjahre des Zweiten Weltkriegs verstärkten die Popularität von Hojicha noch weiter. In Zeiten der Knappheit war es besonders wichtig, jeden Teil der Teepflanze zu verwerten. Hojicha erwies sich als praktische und nahrhafte Lösung für die schwierigen Zeiten.

Hojicha heute

Heute ist Hojicha weit über Japan hinaus bekannt und geschätzt. Was als lokale Innovation in Kyoto begann, hat sich zu einer international anerkannten Teespezialität entwickelt. Modern interpretiert findet man Hojicha in Cafés als Latte, in der Patisserie als Geschmacksrichtung für Desserts und als hochwertigen Tee in Fachgeschäften weltweit.

Die Geschichte von Hojicha zeigt eindrucksvoll, wie Innovation aus praktischen Bedürfnissen entstehen kann und sich zu einer geschätzten Tradition entwickelt. Der Mut des unbekannten Teehändlers aus Kyoto, mit Tradition zu brechen und etwas Neues zu wagen, bescherte der Welt eine wunderbare neue Teesorte.

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Bei rokutea.ch ehren wir diese traditionsreiche Geschichte mit einer sorgfältigen Auswahl authentischer Hojicha-Sorten aus Japan, die das Erbe jenes innovativen Teehändlers aus Kyoto in die Schweiz bringen.

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